Um den immer strengeren Emissionswerten und den Klimazielen gerecht zu werden, setzen Automobilhersteller zunehmend auf innovative Antriebskonzepte als Alternative zu konventionellen Verbrennungsmotoren. Zur Reduktion der lokalen Emissionen liegt dabei der Fokus insbesondere auf hybridisierten oder vollelektrischen Fahrzeugkonzepten. Beide Antriebsarten benötigen elektrische Energiespeicher. Aufgrund ihrer hohen Energiedichte und Lebensdauer werden heute fast ausschließlich Batteriesysteme auf Basis von Lithium-Ionen-Zellen entwickelt. Um den Reichweiten- und Leistungsanforderungen gerecht zu werden, wird eine Vielzahl von Einzelzellen elektrisch zu einem großen Batteriesystem verschaltet.
Zur Gewährleistung eines sicheren Betriebs dieser Energiespeicher werden die Batterie-Zellen mit einem Batteriemanagementsystem (BMS) überwacht. Neben der Zustandsschätzung, dem Wärmemanagement und dem Energieausgleich ist die Fehlerdiagnose eine zentrale Funktion des BMS. Bei einem eingetretenen oder vorhergesagten Fehler muss das BMS sofort warnen und je nach Ausmaß des Ereignisses entsprechend reagieren. Ziel ist daher, Fehler frühzeitig zu detektieren und im Batteriesystem zu lokalisieren. Ein robuster und einfacher schwellwertbasierter Ansatz besteht in der Überwachung der Zellen auf Über-/ Unterspannung, Übertemperatur und Überlade-/ Überentladestrom. Die neusten Entwicklungen im Bereich der Zellüberwachung in Elektrofahrzeugen gehen in Richtung Einzelzell-Sensorlösungen, da diese sicherstellen, dass die oben genannten Grenzwerte für jede einzelne Zelle eingehalten werden, sofern die Sensoren fehlerfrei sind.
Bei rein schwellenwertbasierten Methoden werden Fehler jedoch sehr spät erkannt. Steigt beispielsweise die Temperatur einer Zelle schnell an, kann selbst bei einer korrekten Reaktion nach Überschreiten der Übertemperaturgrenze ein thermisches Durchgehen der Zelle auftreten. Die Kernaufgabe der Fehlerdiagnose besteht daher darin, Fehler so früh wie möglich zu erkennen, bevor die kritischen Grenzen erreicht werden. Die zunehmende Anzahl von Sensoren bietet Chancen und Herausforderungen. Erstere bestehen in einer höheren Redundanz, der Möglichkeit, fehlerhafte Sensoren zu kompensieren und einer einfacheren und besseren Lokalisierung von Fehlern. Die Herausforderung besteht darin, dass mit zunehmender Anzahl von Komponenten auch die Ausfallwahrscheinlichkeit einer Komponente steigt.
Ziel des Forschungsprojektes im Forschungsgebiet lernfähige Systeme ist, robuste und lernfähige Methoden zur Fehlerdiagnose in Batteriemanagementsystemen zu entwickeln und zu bewerten. Grundlage hierfür ist ein elektrisch-thermisches Modell der Batterie-Zellen und des gesamten Batteriesystems. Die Parametrisierung und Validierung des Zellmodells erfolgt anhand von realen Daten, die zur Charakterisierung der verwendeten Batterie-Zellen generiert werden. Basierend auf dem Einzelzellmodell wird ein Batteriesystem modelliert.
Das Modell des Batteriesystems ermöglicht die Entwicklung verschiedener modellbasierter und datengetriebener Ansätze zur Fehlerdiagnose. Insbesondere die physikalische und analytische Redundanz von Batteriesystemen mit zellindividueller Sensorik bietet ein großes Potential für die Fehlerdiagnose. Zur modellbasierten Fehldiagnose lassen sich durch die Redundanz Residuen innerhalb der Sensordaten und zwischen Modell und Sensorik generieren. Die Untersuchung dieser Residuen eignet sich zur Detektion und Isolation von Fehlern. Datengetriebene Methoden zur Fehlerdiagnose, die beispielsweise auf einem Zellvergleich basieren, sind vielversprechende Alternativen zu den modellbasierten Verfahren. Durch Extraktion von Merkmalen aus den Sensordaten und einer anschließenden statistischen Analyse lassen sich Fehler diagnostizieren.
Zur Validierung des Modells und der Algorithmen zur Fehlerdiagnose wird ein Systemprüfstand entwickelt und aufgebaut. Der Vorteil des Prüfstands gegenüber einer realen Fahrzeugbatterie, ist die höhere Reproduzierbarkeit und die Flexibilität verschiedener Verschaltungskonfigurationen der Batterie-Zellen zu untersuchen. Zudem eignet sich der Prüfstand zur Emulation von Fehlern, um die entwickelten Methoden zu validieren. Der Fokus liegt dabei auf der Robustheit und der Performanz, wie sie für eine Anwendung im BMS entscheidend ist.